Philippe Starck hat in seiner eindrucksvollen Karriere schon nahezu jeden Gebrauchsgegenstand gestaltet. Jetzt stellt er seine ersten Parfüms vor. Für ihn ein überfälliger Schritt – und der Abschied von den Zwängen der Materialität.
Er dürfte einer der bekanntesten und produktivsten Designer der Welt sein: Über 10.000 Kreationen hat Philippe Starck geschaffen, von der Megayacht bis zur Zitronenpresse. Nun erweitert der 69-jährige Pariser seine Arbeit um eine Facette – mit drei Düften, die seinen Namen tragen.
Ein Designer, der Düfte kreiert – was reizte Sie daran?
Philippe Starck: Ich habe mein ganzes Leben damit verbracht, meine Träume und Visionen in materielle Formen zu übersetzen. Aber eigentlich hasse ich die Materialität und tief in mir wollte
ich mich schon immer von ihr befreien. Wenn ich nun Parfüms entwickle, kann ich mir damit meinen Traum von der Abstraktion erfüllen. Am wichtigsten ist mir bei diesem Gestaltungsprozess das Übersetzen meiner Intuitionen und Visionen in eine chemische Formel, in einen Duft. Düfte erzählen Geschichten.
Was möchten Sie mit Ihren Düften erzählen?
Auch wenn sie miteinander verknüpft sind, erzählen die drei Düfte doch jeweils ihre eigene Geschichte. Wir haben damit Neuland betreten. Mit »Peau de Soie« erkunden wir das Mysterium der Frau. Dem Anschein nach ist es ein weiblicher Duft, aber es schlägt darin ein reizvolles, fast schon maskulines Herz. »Peau de Pierre« dagegen vermittelt eine ambivalente Maskulinität. Man riecht einen Männerduft, der aber in seinem Kern ein weibliches Geheimnis verbirgt. Ein sehr komplexer Duft. »Peau d’Ailleurs « wiederum ist ein asexueller Duft. Es ist der Geruch von jemandem oder etwas, das wir noch nicht kennen. Ich will damit sagen, dass man sich nicht zwangsläufig entscheiden muss, entweder Mann oder Frau zu sein. Man kann auch etwas ganz anderes sein, ganz woanders. In jedem dieser Parfüms spiegelt sich ein Teil von mir, ein Teil von uns allen. Je nach Stimmung wechsle ich zwischen allen drei Düften hin und her.
Wie funktioniert das, Geschichten in einen Duft zu übersetzen und sie dann in Flakons abzufüllen?
Schon in meiner Jugend besaß ich eine eigene Duftorgel, aber ich erkannte schnell, dass ich nicht das Zeug zum Meister-Parfümeur hatte. Ich war also bei diesem sehr persönlichen Projekt auf die
Mithilfe von Profis angewiesen. Im Lauf der Jahre wurde ich immer wieder von Parfümfirmen angesprochen, aber es passte nie so wirklich, bis ich auf PYD stieß. Zusammen mit den drei Meister- Parfümeuren Daphné Bugey, Annick Ménardo und Dominique Ropion konnten wir eine neue Sprache entwickeln, einen neuen kreativen Prozess, um meine Träume, Visionen und Erkundungen
in Düfte zu übersetzen. Mit ihrer Persönlichkeit und ihrem Können ist es ihnen gelungen, meine Worte in Düfte zu verwandeln.
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Bis zu Ihrer Hinwendung zu Parfüms haben Sie ausschließlich mit Materialien gearbeitet. Was ist Ihnen dabei besonders wichtig?
Mir war immer der Mehrwert wichtig, den meine Kreationen den Menschen bringen, die sie benutzen oder sich darin aufhalten. Für mich muss jedes Gestalten das Leben verbessern, und zwar für so viele Menschen wie möglich. Ich schaffe gerne Szenarien, in denen man sich schöner, selbstsicherer, verliebter fühlen kann. Egal, ob ich einen Gegenstand oder einen Ort gestalte, ich verwende immer die gleichen Parameter: Kreativität, Strenge, politische oder sexuelle Statements, Ökologie und manches mehr. Ich bin stolz auf den Beitrag, den ich zur Demokratisierung des Designs geleistet habe. Für mich ist Design schon immer eine politische Waffe gewesen, ein Werkzeug, um etwas aufzuzeigen – wie einen neuen Weg oder einen neuen Vorschlag.
Mein Konzept des demokratischen Designs gründet in der Idee, Qualität für die größtmögliche Zahl Personen zu erschwinglichen Preisen zu bieten – den Preis zu senken und gleichzeitig die Qualität zu steigern. Jetzt, da dieser Kampf gewonnen ist, kann ich mich der demokratischen Ökologie und der demokratischen Architektur widmen. Ich tue dies mit Projekten wie den PATH-Häusern, ein Akronym für Prefabricated Accessible Technological Homes. Dabei geht es um erschwingliche, technische Fertigbauhäuser.
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Sie sind bekannt als ein Meister der Reduktion. Ist das Kreieren eines Parfüms die ultimative Form der Reduktion, der Abschied von der Materialität als solcher?
Das Einzige, was ich immer herausfordern und hinterfragen wollte, ist die Materialität. Das mag jetzt aus dem Munde eines Designers seltsam klingen, aber so ist es. Ich war einer der Ersten, die sich mit Transparenz auseinandergesetzt und durchsichtige Möbel gestaltet haben. Wenn man ein Objekt kreiert, dann lässt sich die Materialität, Dimensionierung und Ausdehnung dieses
Objekts nicht wegreduzieren, weil diese Eigenschaften nun einmal notwendig sind. Man kann sich aber entscheiden, ob man es sichtbar machen will oder nicht. Und wenn es transparent ist, kann man sich entscheiden, ob man es sehen will oder nicht. Das ist der Gedanke hinter den Stühlen »Louis Ghost« und »La Marie«. Das ist ein erster Schritt hin zur Entmaterialisierung. Und heute sind wir in der Lage, den Prozess der Entmaterialisierung weiterzuführen.